Grafik für alle

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GRAFIK-ENGINES

Computerspiele-Engines im Überblick

Ein ausführlicher Rundumblick auf die aktuelle Grafik- und Spiele-Engine-Landschaft, die Zugpferde der Branche und ihre Entwickler und wie die kostenlose Verfügbarkeit der Technologie für einen Umbruch auf dem Spiele-Entwicklungsmarkt sorgen wird.

Nicht erst seit der letzten GDC in San Francisco freuen sich Spiele-Entwickler über diverse Ankündigungen namhafter Hersteller von Grafik- und Spiele-Engines, die ihre umfangreichen Softwarepakete kostenlos zur Verfügung stellen wollen. Bereits seit geraumer Zeit vollzieht sich ein Paradigmenwechsel in der Branche. Vor einigen Jahren noch erschien es beinahe wie in Stein gemeißelt, dass der Gott des Marktes vor die Entwicklung eines Computerspiels die hohe Hürde der Lizenzierungskosten einer Engine gestellt hatte. Nicht wenige kleine bis mittlere Entwickler ohne zahlungskräftigen Publisher im Rücken scheiterten hieran gnadenlos. Aktuell aber schlagen Branchengrößen der westlichen Hemisphäre wie Epic, Valve, Unity und Co. ganz andere Töne an.

Indie_Engines_LogosGeschuldet ist diese Entwicklung sicherlich verschiedenen Veränderungen des Marktes der letzten Jahre, woran der weiterhin andauernde Boom der Indie-Szene mitsamt ihren zahlreichen Eigenentwicklungen sowie das ungebremste Gedeihen des Crowdfunding und die dadurch erlangte Unabhängigkeit von großen Geldgebern, nicht ganz unschuldig sind. Für den finanziellen Erfolg ist die Lizenz einer AAA-Engine nicht mehr dringend notwendig, selbst auf einen Publisher kann man verzichten. Auch die Spieler änderten stark ihr Kaufverhalten. Dieser Umstand sorgte für Verwerfungen, die sich in unterschiedlichen Strategien der Marktteilnehmer manifestierten.

corona2_GzOLbIAll die beeindruckenden Softwarepakete, die sich parallel in der Independent- und Open-Source-Szene bis zum heutigen Tag entwickelt haben und unter dem Radar der großen Publisher immer mehr an Bedeutung gewannen, sollten hier zumindest noch namentlich Erwähnung finden – auch wenn ich in diesem Artikel den Fokus weniger auf sie setzen werde. Zu den hervorragenden Schöpfungen gehören beispielsweise die Unigine 2 Engine von Unigine Corp., Project Anarchy, die Torque 3D Engine von GarageGames, GameMaker: Studio, die Wave Engine, sowie die Blender Game Engine und das Irrlicht Engine Projekt.

Die zahllosen kleinen und unabhängigen Grafik-Baukästen wie beispielsweise Cocos2D, Marmalade oder Corona, auf die besonders Entwickler von iOS- und Android-Spielen auf Tablets und mobilen Plattformen gerne zurückgreifen und die den Casual-Bereich dominieren, lasse ich in diesem Zusammenhang ebenfalls außen vor. Auch um die brillianten Programmierkünste unserer Entwicklerfreunde aus Fernost oder Asien allgemein, werde ich einen strategischen Bogen machen. Vielmehr möchte ich eine spezielle Auswahl traditioneller Protagonisten der westlichen Entwicklerszene mitsamt ihren führenden und etablierten Technologien, ihre Hintergründe sowie ihre aktuellen Produkte und Strategien näher beleuchten, um eventuell Schlüsse für die nahe bis mittlere Zukunft ziehen zu können, in welcher Form wir Spieler von den Entwicklungen Nutzen ziehen können.torque3D

Marktschreier und Global Player

Da haben wir zunächst die großen Studios, die sich mit gut ausgestatteten Abteilungen auf die Entwicklung eigener Engines konzentrieren, mit der eindeutigen Absicht, ihre Produkte gewinnbringend zu etablieren und Marktanteile zu sichern. Diese Unternehmen sind an einer flächendeckenden Verbreitung ihrer Software interessiert. Böse Zungen behaupten, eigene AAA-Spieleproduktionen dieser Firmen dienten lediglich als Techdemo für interessierte Kunden. Ich möchte diesen Umstand jedoch wohlwollend betrachten und daran erinnern, dass das eine oder andere Ergebnis solcher Bemühungen nicht selten in einem Spielehit mündete. Zu dieser Gruppe lassen sich beispielsweise Branchengrößen wie Epic Games, Crytek, Valve, Emergent Game Technologies (EGT) und der neue Marktführer Unity Technologies zählen.

Punisher Warzone

Schauen wir uns zunächst die Engines dieser Brachenvetreter an, wobei zwischen Grafik-Engine und Spiele-Engine zu unterscheiden ist. Das Gesamtpaket einer relevanten Entwicklersoftware beeinhaltet unter normalen Umständen ein Grafikgerüst, ein Soundsystem, eine Physik-Umgebung, ein Speicher- und Steuerungssystem, eine Datenverwaltung mitsamt Scripting und einen Netzwerkcode. Gegebenenfalls kommen Middleware-Implementierungen dazu, die ganz unterschiedlicher Natur sein können, je nach Bedarf und eventuell noch ein spezielles Questsystem oder eine Technik zur Narration.

Diese Unterscheidungen werde ich im Folgenden nicht immer penibel vornehmen. Auch werde ich nicht die grundlegenden Funktionsweisen einer Engine erläutern, das könnt ihr beispielsweise bei den Kollegen von 3Dcenter.org nachlesen. Vielmehr möchte ich einen Querschnitt der aktuellen Grafik- und Techniklandschaft aufzeigen und wie wir Spieler von den digitalen Entwicklungen profitieren können.

Unreal Engine 4 von Epic Games

Der bis vor einer Weile noch beliebteste und weitverbreitetste Grafik- und Spielemotor bei Blockbuster-Produktionen ist die Unreal Engine. 1998, gleichzeitig mit dem Ego-Shooter Unreal in seiner ersten Version auf den Markt gebracht, prägt er diesen bis zum heutigen Tag. Das US-amerikanische Unternehmen konnte mit seiner plattformübergreifenden Technologie, die sowohl auf PC als auch auf Konsole Maßstäbe setzte, zahllose Spiele grafisch befeuern. Unreal_Engine_4_LogoAußerhalb der Gamesbranche brilliert die Unreal Engine als Standardtool für Architektur-Visualisierungen. Zu den bekanntesten Spieletiteln gehören neben der kompletten Unreal-Reihe die Bioshock-Serie, die Splinter Cell-Reihe, die Batman-Arkham-Spiele, die Borderlands-Serie, Dishonored, Thief, Gears of War sowie die Mass Effect-Reihe. Aktuell sind das neue Bluestreak, Dead Island 2, Eve – Valkyrie, Fable Legends, Space Hulk – Deathwing, Street Fighter 5, Tekken 7 und – wer hätte es gedacht – Unreal Tournament 4 mit Hilfe der Built 4.7 in Entwicklung. Die Engine ist modular aufgebaut, auch wenn Epic über die Jahre diverse Teile immer wieder geändert und modernisiert hat, blieb es doch immer die gleiche Engine, weswegen auch nie eine Versionsnummer vergeben wurde, sondern lediglich nummerierte Builds existieren.

Das Grafiktool ist sehr flexibel, unterstützt alle modernen Features und Effekte und lässt sich in der Bedienung mannigfaltig modifizieren. Bislang war das Geld ein Grund, sich gegen die Engine zu entscheiden, wobei Kosten bis maximal 350.000 Dollar für Built 2 und 50.000 Dollar für Built 3 entstanden. Einiges ändern und ganz neue Kundenkreise erschließen dürfte aber die aktuelle Ankündigung von Tim Sweeney, Gründer und Präsident von Epic Games: Bis zu einem kommerziellen Gewinn von 3000 Dollar pro Quartal mit anschließender Gewinnbeteiligung von 5 Prozent soll die Unreal Engine 4 kostenlos beziehungsweise ohne Grundgebühr angeboten werden (wir berichteten). Die Veröffentlichung des Quellcodes ist ebenfalls ein Novum und unterstreicht die Neuausrichtung der Firmenstrategie. Die Absicht ist, trotz hoher Entwicklungskosten die Vormachtstellung von Unity zu brechen, in den Indiemarkt einzudringen und Konkurrent Crytek weiter an den Rand zu drängen.

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CryEngine 4 von Crytek

Die deutsche Vorzeige-Engine steht mit ihrer Leistungsfähigkeit ganz oben auf der Liste der besten Grafik-Tools weltweit und gilt als der schnellste High-End-Renderer. Von der Frankfurter Spieleschmiede Crytek zunächst für ihren Ego-Shooter-Hit Far Cry im Jahre 2004 entwickelt, mauserte sich die Engine mit jeder neuen Version und den Begleitspielen der Crysis-Reihe zum Anwärter auf den Olymp der Spiele-Engines. Die Einführung diverser Techniken, die heute zum State of the Art gehören, wie Bumpmapping, Pixel-Shader 2.0, Vertex-Shader 2.0, oder High Dynamic Range Rendering, Geometrie-Instanzierung, die Unterstützung von 64-Bit-CPUs oder Offsetmapping und neue Shader-Versionen machen den innovativen Charakter der Engine deutlich. Die Nutzung eines Schärfentiefe-Effektes oder volumetrische Wolken sowie detaillierte Gesichtsdarstellungen oder Pflanzenbewegung bei Kontakt dienten häufig der Konkurrenz als Vorbild, auch wenn die Engine bei voller Auslastung ihrer Kapazitäten die genutzte Hardware gern mal an ihre Grenzen, wenn nicht sogar darüber hinaus trieb.

Cry_Engine_3_b_LogoDafür erlaubt die Software aber auch diverse optische Tricks, die spektakuläre Eindrücke und Effekte erlauben, die für den Betrachter zwar real erscheinen, im Grunde aber mehr Schein als Sein sind. Laut Entwickler vermag die Sandbox der Engine das gleichzeitige Arbeiten auf allen drei Plattformen, PC, Xbox One, und PS4, wie bei Ryse – Son of Rome zumindest zum Teil geschehen. Bei entsprechender Rechenleistung ist sogar die Ausgabe des 4K-Digitalkinoformats möglich.

Das deutsche Unternehmen konnte im letzten Jahr knapp einer Insolvenz entgehen und versucht mit unterschiedlichen Lizenzierungs- und Kooperationsmodellen, sich weiterhin über Wasser zu halten. Zuletzt schloss Crytek eine Kooperation mit AMD, um die volle Unterstützung der hardwarenahen Grafikschnittstelle Mantle zu realisieren. Kürzlich waren sie erst in der Lage, einen bislang noch unbekannten, angeblich aber großen Lizenzdeal an Land zu ziehen (wir berichteten). Das Softwarepaket der CryEngine ist für Schulungs- und nichtkommerzielle Lehrzwecke kostenlos zu haben, kleine Unternehmen und Privatpersonen können bis zu einer gewissen Gewinnschwelle kostengünstig darauf zurückgreifen. Die Software ist über Steam für knapp 10 Dollar im Abo zu haben. Preise für große Publisher und Entwickler unterstehen der Geheimhaltung.

Bekannte Titel, die auf Basis der CryEngine bislang erschienen sind, sind beispielsweise Aion, Enemy Front, Lichdom, Nexuiz, Warface oder Sniper – Ghost Warrior 2. Aktuelle Titel und Projekte, die sich zum Teil noch in Entwicklung befinden, sind Star Citizen, Mechwarrior Online, Evolve, Homefront – The Revolution und Kingdom Come – Deliverance. Kritik musste sich Crytek aufgrund der Kooperation mit dem amerikanischen Militär zu Schulungs-, Trainings-  und Simulationszwecken gefallen lassen.

Ryse

Source 2 Engine von Valve

Nach Epic und Unity ist das US-amerikanische Unternehmen Valve der Dritte im Bunde, der die neueste Version seiner Spiele-Engine interessierten Entwicklern komplett kostenlos zur Verfügung stellt. Das geschieht im Falle von Valve natürlich nicht ganz uneigennützig. Mit Blick auf den Erfolg der Steam-Plattform, den hohen Investitionen in neue Hardware wie den Steam Machines, den Steam-Controller und SteamOS gibt es bei Valve ein eindeutiges Interesse, die PC-Plattform deutlich nach vorne zu bringen. Auch der Start eigener Streaming-Dienste und der Einstieg in Virtual Reality tragen dazu bei, sei es auf Basis von Windows, Mac OS oder Linux. Die Engine kann das leisten, war sie doch schon mit ihrer Vorversion durch eine stark modifizierte Havok-Physik-Engine, Vertex Shader 3.0 und High Dynamic Range Rendering richtungsweisend.

Source_Engine_2a_LogoHinzu kamen Lightmaps und dynamische Lichtquellen, die durch Codefragmente der Quake-Engine von id Software ermöglicht werden, wie zumindest John Carmack behauptet, was von Valve jedoch bestritten wird. Die Amerikaner setzen mit ihrem äußerst flexiblen Grafiktool nun verstärkt auf User-generated-Content und unterstützen die Vulkan-API von Khronos. Dabei handelt es sich um die Weiterentwicklung der 3D-Grafikschnittstelle OpenGL, das in seiner aktuellen Version nun auch hardwarenah funktioniert und höhere Performance verspricht. Anders als Mantle von AMD und DirectX 12 von Microsoft, soll Vulkan als Cross-Plattform-API die Portierung von Spieletiteln auf unterschiedliche Plattformen wie Konsolen, Tablets und mobile Geräte stark vereinfachen.

Neben hauseigenen Produktionen wie der Half Life-Reihe, Counter Strike Source und CS-GO, Portal 1 und 2, Team Fortress 2, Left 4 Dead 1 und 2 oder Dota 2 wurden auch Titel von Drittanbietern auf Grundlage der Source Engine verwirklicht. Dazu gehören Vampire – The Masquerade – Bloodlines, Dark Messiah of Might and Magic, Garry’s Mod, Dear Esther oder auch Titanfall. Wahrscheinlich warten aber die meisten von euch eher darauf, dass die Engine endlich in Half Life 3 zeigt, was sie drauf hat. Dazu schweigt Valve jedoch weiterhin eisern.

TitanFall

Gamebryo Engine von EGT

Gamebryo gilt als die große alte Dame der Game-Engines. War sie doch die erste Software, die AAA-Titeln erlaubte, riesige Außenareale mit bahnbrechender Darstellung von Natur und Wasser in Kombination mit Physik und Tools wie Speedtree zu verbinden. Eine der innovativsten Implementierungen stellt die Radiant AI dar, die es NPCs erlaubt, „selbstständig“ in der virtuellen Welt zu operieren und mit Objekten zu interagieren. Ein Feature, das besonders in Bethesda-Spielen optimiert und verstärkt zum Einsatz kam. Ihre Leistungsfähigkeit prädestinierte die Engine für MMOs und Open-World-Spiele.

Gamebryo_Engine_LogoZu den bekanntesten Errungenschaften gehören zum Beispiel Dark Age of Camelot, The Elder Scrolls 3 – Morrowind, TES 4 – Oblivion und zum Teil auch TES 5 – Skyrim, wobei hier bereits eine Weiterentwicklung der Gamebryo Engine zum Einsatz kam, die Bethesda Creation Engine taufte. Ebenso wurden Fallout 3, Fallout – New Vegas, Divinity 2 – Ego Draconis, RIFT, Sid Meier’s Civilization 4, Sid Meier’s Pirates!, sowie Warhammer Online, Rocksmith oder Empire Earth 2 mit Gamebryo produziert.

Aufgrund der bereits angesprochenen Veränderung der aktuellen Marktlage hat das amerikanische Unternehmen Emergent Game Technologies, das die Engine nebst dem erfolgreichen Tool Lightspeed vertreibt, immense finanzielle Probleme und ist mitunter am stärksten von den Umstrukturierungen und geplatzten Fusionsdeals betroffen. Auch hat sich die Konzentration auf die WiiU nicht wirklich bezahlt gemacht. EGT hat insgesamt über 250 Spieletitel mit Gamebryo verwirklichen können, und nach eigenen Angaben befinden sich weitere 100 Titel in Entwicklung, auch wenn sich das Unternehmen diesbezüglich eher in Richtung des asiatischen Marktes orientiert.

Davon zeugen Produktionen wie beispielsweise Catherine, Shanda, Tencent, Goldcool, Urgamer oder Aurogon’s Gu Jian Qi Tan. Mit der Unterstützung von Mantle und DirectX 12 sowie einer Multi-CPU-Optimierung versucht man für die Zukunft konkurrenzfähig zu bleiben und hofft mit einem eher konservativen Lizenzierungsmodell auf die Gunst großer Spieleschmieden.

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Unity 5 von Unity Technologies

Der neue Engine-Platzhirsch der Entwicklerszene: Unity Technologies wurde ursprünglich 2004 in Dänemark gegründet, um das Spiel GooBall zu produzieren. Nach dessen absoluter Erfolglosigkeit in 2005 erkannten die Gründer David Helgason, Nicholas Francis und Joachim Ante das Potenzial einer Multiplattform-Laufzeit- und Entwicklungsumgebung, die sprichwörtlich jedermann zu einem niedrigen Anschaffungspreis nutzen können sollte. Das Konzept ging auf. Anfangs noch eher unbedeutend und als Browser-Engine konzipiert, versuchte man günstige Lizenzverträge mit Publishern zu schließen. Dabei entstanden Browser-Games wie die MMOs Dead Frontier oder Three Kingdoms Online.

Unity_5_Engine_b_LogoNach diversen Umbearbeitungen und Modifizierungen öffnete sich die Engine für alle verfügbaren Plattformen. Und wenn ich alle sage, dann meine ich auch alle aktuellen Plattformen, stationär wie mobil. Durch geschicktes Marketing und ein attraktives Lizenzmodell gelang 2010 der erfolgreiche Einstieg in die Indie-Szene. Angefangen mit Max & the Magic Marker und Thomas was alone, gelang schließlich der Durchbruch. Im Jahre 2011 hatten sich über 500.000 Entwickler weltweit bei Unity registriert. Laut einer Gamasutra-Umfrage benutzt jeder zweite Entwickler die Unity-Engine für mobile Plattformen.

Auch wenn die Engine in ihrer Leistungsfähigkeit bislang nicht mit den „großen“ AAA-Engines konkurrieren konnte, hat sie ihre Stärken, die sie besonders für kleine und mittlere Studios attraktiv macht. Die kleinen Schwächen haben sich seit der letzten Iteration in Version 5 aber wieder fast in Luft aufgelöst. Die beeindruckende Power der neuen Engine lässt sich im Tech-Trailer „The Blacksmith“ von der GDC 2015 bestaunen. Die grafische Darstellung ist auf dem aktuellen Stand der Technik. Es wird ein Deferred-Shading-Verfahren verwendet, das auf OpenGL und Direct3D basiert. Aktuelle Shader-basierte Beleuchtungsmodelle werden ebenso unterstützt wie Bumpmapping, Environment Mapping, Ambient Occlusion, Parallax Mapping sowie dynamische Schatten und Postprocessing-Effekte.

Wasteland_2_ScreenDas anwenderfreundliche Tool kann jederzeit durch unterschiedliche selbst entwickelte Shader erweitert werden. Seit Oktober 2014 wird das erfolgreiche, mittlerweile in San Francisco ansässige Unternehmen von Ex-Electronic Arts-CEO John Riccitiello geleitet. Der verkündete zuletzt auf der GDC 2015 das Ende der Betaphase für die Unity 5 und stellte das neue Geschäftsmodell vor. Die Engine bleibt bis zu einem kommerziellen Gewinn von 100.000 Dollar für die Entwickler kostenlos. Liegt man darüber, sind 1500 Dollar für die Vollversion oder 75 Dollar monatlich als Abomodell zu entrichten. Die Entwicklungen der letzten Jahre und die, die noch vor der Veröffentlichung stehen und mit Hilfe von Unity entstanden sind oder entstehen, umfassen so viele Spieletitel, dass wir hier nur ein paar bekannte Kandidaten hervorhebend nennen können.

Dazu gehören beispielsweise Wasteland 2, Endless Space, Among the Sleep, Kerbal Space Program, Gone Home, Shadowrun Returns, Das Schwarze Auge – Blackguards, Endless Legend, Hearthstone – Heroes of Warcraft, Might & Magic X – Legacy, Monument Valley, Scrolls, Ori and the Blind Forest, Pillars of Eternity sowie Torment – Tides of Numenera, oder Shroud of the Avatar – Forsaken Virtues.ori-and-the-blind-forest-wallpaper-hd

Die Hausmarken

Kommen wir nun zu den Unternehmen, die weniger an einer ausufernden Verbreitung ihrer Spiele-Engines interessiert sind als vielmehr an deren exklusiver Nutzung, um mit qualitativ hochwertigen AAA-Titeln auf dem hart umkämpften Spielemarkt zu punkten. Was jedoch nicht heißen soll, dass diese Konzerne komplett auf Lizenzierungen oder Partnerschaften verzichten, nur halten sich diese eben stark in Grenzen. Zu dieser Kategorie würde ich beispielhaft Ubisoft, Electronic Arts und Bethesda/ Zenimax rechnen. Diese drei Konzerne haben selbstverständlich mehrere unterschiedliche Entwickler an der Hand und somit auch verschiedene Spiele-Engines, die sie in ihren breitgefächerten Portfolios auch nutzen. Jedoch ist bei ihnen deutlich ein Produkt im Vordergrund, das stets auf die gleiche Weise verwendet wird und ein gewisses Muster erkennen lässt.

AnvilNext Engine von Ubisoft Montreal

Die Hausengine von Ubisoft wurde im Jahre 2006 unter dem Projektnamen Scimitar gemeinsam mit ihrer „Schwester“-Engine Dunia aus Überresten der ersten CryEngine nach Sicherung der Far-Cry-Lizenz entwickelt. Sie stellt eine genügsame und erweiterbare Software dar, die nun schon seit 9 Jahren ununterbrochen das Grafik- und Spielgerüst der Assassin’s Creed-Reihe bildet. Die Kanadier haben die Angewohnheit, die ihnen zur Verfügung stehenden Engines zu kombinieren und je nach Bedarf und Anforderung neue Technologien zu erschaffen. So geschehen mit der Disrupt Engine, die exklusiv für Watch Dogs aus der Kombination von Anvil und Dunia entwickelt wurde. Die Dunia Engine bildet seit Jahren die Grundlage der Far-Cry-Spiele von Teil 2 bis einschließlich Teil 4. Doch soll es im Folgenden weiterhin um die AnvilNext-Engine gehen.

AnvilNext_Engine_LogoSeit Assassin’s Creed 3 ist die neue Version in Betrieb und wurde speziell für Assassin’s Creed – Unity um diverse Features erweitert. Kernpunkte sind der Tag-Nacht-Zyklus, eine fortgeschrittene Vegetations-Technologie, optimierte Beleuchtung und Reflexionen, eine viel gelobte Non-Scripted-KI, sowie die einzigartige Umgebungserkennung, die in Assassin’s Creed 4 – Black Flag über das Ziel hinausschoss und den Spielcharakter aus vollem Lauf beinahe auf jeden Grashalm klettern ließ. In AC – Unity wurde nicht nur das behoben, auch ist es mit der Engine nun möglich, bis zu 2000 NPCs ins Spiel zu integrieren, viel umfassender als bisher Fußspuren in Sand und Schnee zu hinterlassen, detailliertere Gesichter zu verwenden und Wind- und Wetteranimationen zu verbessern. Neben den bereits erwähnten AC-Spielen wurde die Engine lediglich für die beiden Prince of Persia-Titel von Ubisoft und für Shaun White Snowboarding von 2008 verwendet. Aktuell befindet sich Tom Clancy’s Rainbow Six – Siege mit AnvilNext in Entwicklung.

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Frostbite 3 Engine von Digital Illusions CE (EA)

Die Frostbite Engine darf ohne weiteres als der Glückskauf von Electronic Arts bezeichnet werden. Die Firma DICE wurde von Ulf Mandorff, Olof Gustafsson, Fredrik Liliegren und Andreas Axelsson in der schwedischen Stadt Alvesta gegründet. Bekannt wurden die Schweden bereits in den 80er Jahren durch ihre produktive Kreativität in der Demoszene unter dem Crewnamen The Silents. Noch in der Schulzeit entwickelten sie ihr erstes Spiel, Pinball Dreams, 1989 für den Amiga. Bis zum Jahr 2002 und der Entwicklung von Battlefield 1942 erschufen sie bereits über 25 Titel, jeden mit einer eigens entwickelten Engine. Richtig bekannt wurden sie jedoch erst mit der Battlefield-Serie, für die sie 2008 im Rahmen von Battlefield – Bad Company die erste Version der Frostbite Engine ablieferten.

Frostbite_3_Engine_LogoIm Januar 2005 begann EA mit der schleichenden Übernahme von DICE. Mit anfänglichen 67 Prozent der Aktienanteile wurde die Übernahme im Oktober 2006 zu 100 Prozent abgeschlossen. Seitdem ist die Firma aus Stockholm eine vollwertige Tochtergesellschaft von Electronic Arts und stellt die Frostbite-Engine für Action-Spiele neben EAs Eigenentwicklung, der Ignite Engine für Sportspiele, exklusiv für Produktionen des weltgrößten Publishers als Leittechnologie zur Verfügung.

Das mächtige Grafiktool unterstützt bereits Mantle, riesige, zerstörbare Umgebungen, von Wetter und Elementen beeinflussbare Objekte, morphologisches Antialiasing, Analytical Ambient Occlusion und das neue Physically based Rendering. Zu den aktuellen Entwicklungen mit der neuen Frostbite 3 gehören unter anderem Battlefield 4, Battlefield – Hardline, Dragon Age – Inquisition, Mass Effect 4, Mirror’s Edge 2, Need for Speed – Rivals oder Star Wars – Battlefront.

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Id Tech 5 von id Software (Bethesda/ Zenimax)

Die id-Tech-Spiele- und Grafiklösung gilt unter Entwicklern als die zickige Diva der Game-Engines. Technisch revolutionär, in der Leistung bahnbrechend und bislang wenig ausgeschöpft, wurde sie von Technik-Guru John Carmack und seinem Team mit allerlei Innovationen vollgestopft. Hinter vorgehaltener Hand wird jedoch gemunkelt, dass außer Carmack selbst niemand wirklich in der Lage sei, die Engine komplett zu verstehen, geschweige denn richtig zu nutzen. Nichtsdestotrotz wurde dieses Produkt von Genie und Wahnsinn durch die Übernahme von id Software mehr oder weniger über Nacht zu Bethesdas Eigentum. Seitdem ist sie dabei, aufgrund ihrer unumstrittenen Vorzüge, langsam aber sicher die altgedienten Grafikgerüste wie Gamebryo und Creation zu verdrängen und die hauseigene Engine von Bethesda Softworks zu werden.

idTech_5_Engine_LogoNach Fertigstellung der id Tech 5 und dem Titel Rage zog sich Carmack bekanntlich etwas mehr aus der Verantwortung bei id Software zugunsten von Oculus VR zurück. Die Lücke, die er hinterließ, versucht Bethesda nun mit dem ehemaligen Chef-Grafik-Ingenieur von Crytek Tiago Sousa zu schließen. Seine Aufgabe lautet nun, die prototypenhafte id Tech 6 weiterzuentwickeln. Experten behaupten jedoch, dass eine Hardware, die die id Tech 6 adäquat nutzen könnte, noch gar nicht existiert.

Die aktuelle Engine könnt ihr zur Zeit in Wolfenstein – The New Order, bald im kommenden Addon The Old Blood sowie in The Evil Within bewundern. Alleinstellungsmerkmal der Multiplattform-Engine sind die potenten Megatexturen und erweiterte Schattendetails. Diese können nicht nur auf weitläufige Areale zur flüssigen Darstellung dieser angewendet werden, sondern auch auf Sprites und Models. Damit ist es praktisch möglich, alle implementierten Objekte unterschiedlich erscheinen zu lassen, dass beispielsweise kein Baum dem anderen gleicht. Ist man jedoch nicht in der Lage, die Engine und ihre Eigenheiten zu beherrschen, gerät der Speicherverbrauch der Software außer Kontrolle. Der Renderer ermöglicht durch Shadow Maps unterschiedliche Halbschatten innerhalb von Schatten, außerdem HDRR-Centric-Beleuchtungtechniken oder auch volumetrische Beleuchtung und ein verbessertes Bloom. Soft-Partikel, Pixelshader-Effekte, Prozedurale Animationen und ein Multithread-Support sichern den Entwicklern in der Zenimax-Familie eine vielversprechende Zukunft.

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Außenseiter, Spitzenreiter

In diesem Abschnitt widme ich mich Unternehmen, die zwar selbst als Entwickler tätig sind, aber in ihrer ganz eigenen Arbeitsweise nicht nur ihre Grafik- und Spiele-Engines selbst entwickeln, sondern diese auch so gut wie ausschließlich für ihre eigenen Produktionen verwenden und optimieren. Die stark angepassten und individualisierten Softwarepakete sind in manchen Fällen für Dritte auch völlig ungeeignet, da intensive Umbearbeitungen zur effektiven Nutzung nötig wären. In diesem Zusammenhang möchte ich Rockstar Games, CD Projekt, Massive Entertainment und Piranha Bytes herauspicken, deren Alleinstellungsmerkmal weniger die Quantität als die Qualität ist, wobei sich die jeweilige Firmenphilosophie, sowie Arbeitsweise stark unterscheidet.

Rockstar Advanced Game Engine (RAGE) von Rockstar Games

Als multinationaler Publisher und Entwickler ist Rockstar Games heute mit seinen Studios in England, Schottland, Massachusetts und Kalifornien in den USA und Ontario in Kanada global sehr gut aufgestellt. Die Anfänge liegen jedoch einige Jahre zurück, wobei es heute relativ schwierig ist, nach all den Übernahmen, Fusionen, Umbenennungen, Kooperationen und Neugründungen den firmeneigenen roten Faden zu finden. Jedenfalls begann es mit einem kleinen Entwicklungsstudio im Jahre 1988 in Dundee, Schottland. David Jones stellte damals Mike Dailly, Russell Kay und Steve Hammond ein und gründete DMA Design. Berühmt wurden die Briten mit Klassikern wie Menace, Shadow of the Beast, Blood Money und später in den 90ern mit Lemmings. Damals noch als BMG Interactive, Teil der Bertelsmann AG, wurden sie 1998 von Take 2 aufgekauft. Im gleichen Jahr wurde das Unternehmen in Rockstar umbenannt und durch Sam Houser, Dan Houser, Terry Donovan, Jamie King und Gary Foreman in New York mehr oder weniger neu gegründet und ebenso neu ausgerichtet.

RAGE_Engine_a_LogoAls erfolgreiches Mitglied der Take-Two-Interactive-Familie leistet sich das Unternehmen seitdem eine eigene Entwicklungsabteilung für die Spieleengine. Die RAGE Technology Group, die Teil des Entwicklerstudios Rockstar San Diego ist, entwickelte in Zusammenarbeit mit diversen anderen Rockstar Studios die Rockstar Advanced Game Engine (RAGE). Die Entwicklung einer eigenen Software war nach der Übernahme von Criterion Games durch EA notwendig geworden, da man zuvor die ersten drei GTA-Teile auf Basis der lizenzierten RenderWare Engine entwickelt hatte und nun keinerlei Informationen an die Konkurrenz weitergeben wollte.

Rockstar gelang ein äußerst potentes Grafik- und Spieldesign-Tool, das durch die Integration der Euphoria-Gesichtsanimationsengine, der Bullet-Physik-Engine und Speedtree ein sehr hohes Niveau erreichte und erstmals seine Stärken in Rockstar Games Tischtennis und schließlich in Grand Theft Auto 4 ausspielen durfte. Es folgten Midnight Club – Los Angeles, das GTA-Addon-Bundle Episodes from Liberty City und weitere DLCs, Red Dead Redemption, Max Payne 3 und schließlich das mehr als beeindruckende GTA 5, das aktuell in der PC-Version ebenfalls zur Ausgabe von 4K-Auflösungen in der Lage ist. RAGE gehört damit nicht nur zu den besten Engines weltweit, auch konnte mit Einzelentwicklungen auf Basis von RAGE der mit Abstand größte Umsatz der Branche erzielt werden.

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RED Engine 3 von CD Projekt

Seit der polnische Ministerpräsident Donald Tusk eine Witcher 2-Collector’s-Edition seinerzeit an Barack Obama überreichte, gilt die von CD Projekt RED entwickelte Programmierumgebung als „Staatsengine“. Diese gehört nicht nur zum qualitativ hochwertigsten, was ein Studio entwickeln kann, sie gilt auch als äußerst komfortabel, sehr flexibel, zugänglich und technisch sehr weit fortgeschritten. Seit ihrer ersten Version als Gerüst für The Witcher und die folgende Enhanced Edition konzipiert, verrichtet sie ihren Dienst für alle internen Entwicklungen des Studios, nachdem die Arbeit mit der anfangs lizenzierten Aurora Engine für CD Projekt nicht befriedigend verlief. Mit der RED Engine 2, die auch auf Xbox 360 und PS3 lief, entwickelten die Polen auch The Witcher 2 – Assassins of Kings in der Enhanced Edition.

REDengine_3_b_LogoIn der dritten und aktuellen Version des Tools ist es nun nicht mehr nötig, sich zwischen komplexer Story und beengter Spielwelt oder simpler Story und freier Open World entscheiden zu müssen. Die Engine ermöglicht nun beides mit beeindruckenden Cinematic-Effekten, Bokeh Depth-of-View, Color Grading oder Flares in Verbindung mit Multiple Lighting, HDR Rendering sowie aufwendigen Naturdarstellungen, Gesichtsanimationen und Tesselation – und all das ohne Nachladepausen, zumindest fast ohne. Die RED Engine 3 befeuert mit ihren flexiblen Renderern, die Deferred- sowie Forward+-Rendering-Pipelines unterstützen, aktuell die Entwicklung von The Witcher 3 – Wild Hunt und  Cyberpunk 2077.

Die polnische Präzisionsengine ist hoch speziell und ganz besonders für Rollenspiele geeignet, die eine lebendige Spielwelt erfordern und komplexe Entscheidungen des Spielers in den Ablauf der Geschichte sowie in das Verhalten der NPCs und in die Veränderung der Spielwelt integrieren müssen, ohne jede einzelne Situation und Interaktion mühsam manuell setzen zu müssen. Einem im Vergleich kleineren Studio mit überschaubarer Mitarbeiteranzahl wäre das in einem realistischen Zeitrahmen gar nicht möglich. Nach eigenen Angaben versucht CD Projekt nicht nur mit aktuellen AAA-Engines auf dem Markt technisch mitzuhalten, die ständig neue Features und Innovationen bringen, sie wollen die technische Entwicklung sogar mit beeinflussen. Ziel ist es, die Grenzen zwischen CGI- und Echtzeit-Rendering zu verwischen, mit atemberaubender Optik und komplexer Technik die Konkurrenz in den Schatten zu stellen und mit dem zuletzt präsentierten RED-Kit Editor den Zugang zu dieser Technologie möglichst hürdenfrei zu ermöglichen.

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Snowdrop Engine von Massive Entertainment (Ubisoft Massive)

Ubisofts Geheimwaffe. Das kleine schwedische Entwicklerstudio Massive Entertainment, nicht zu verwechseln mit dem deutschen Studio Massive Development, erlangte im Jahr 2000 Berühmtheit durch die Entwicklung des ausgezeichneten Echtzeitstrategie-Titels Ground Control, der Erweiterung Dark Conspiracy und des nicht minder exzellenten Nachfolgers Ground Control 2 in 2004. 1997 in Malmö gegründet, fand das Studio schnell bei Sierra Entertainment Unterschlupf, wurde 2002 von Vivendi Universal Games aufgekauft und wechselte nach der Fusion des Publishers mit Activision und Blizzard schließlich Ende 2008 zu Ubisoft. Massive blieb über die Jahre dem RTS-Genre treu und veröffentlichte mit World in Conflict und dem Addon Soviet Assault ein äußerst respektables Echtzeit-Strategiespiel.

SnowDrop_Engine_LogoStets darauf bedacht, eigene Technologien wie zuletzt die Masstech-Engine für die Spieleentwicklungen zu nutzen, entwarf das Studio vor knapp zwei Jahren ein Konzept für eine knotenbasierte Scriptsprache, in der beinahe alle Systeme beeinflusst werden können. Darunter beispielsweise gleichzeitig das Rendering, die KI, die Benutzeroberfläche und das Missionsdesign, was einen immens flüssigen Arbeitsablauf ermöglicht und die Zugänglichkeit steigert. Die Snowdrop Engine war geboren, die das Studio auf der GDC 2014 in ihrer neuesten Version vorstellte und sie als Grundgerüst für das sich aktuell in Entwicklung befindliche The Division präsentierte.

Die Stärke der Snowdrop Engine liegt in ihrer Flexibilität, unterschiedlichste Spiele-Universen in einem bisher nicht gekannten Detailgrad darzustellen, diese mit dynamischer Beleuchtung, prozeduraler Zerstörbarkeit und atemberaubenden visuellen Effekten anzureichern und gleichzeitig auf unterschiedlichen Plattformen auszugeben. Das Entwicklertool von Massive Entertainment fand in unterschiedlichen Teilen bereits in verschiedenen Spieleprojekten von Ubisoft Anwendung und wurde stets auch vom Studio selbst darin in Form einer Koproduktion verwendet.

Darunter der Desmond-Part in Assassin’s Creed Revelations, der Multiplayer- und Koop-Part von Far Cry 3, Just Dance Now, sowie diverse Technologien in Assassin’s Creed Unity. Des Weiteren halfen die Schweden Ubisoft beim Aufbau ihres Downloadportals und programmierten den Uplay-Client für den PC, der die problembehafteten Ubisoft-Game-Launcher ersetzte und die Grundlagen für Ubisofts digitales Distributionssystem schuf. Mit der Entwicklung von The Division, das sowohl ein Online- und Rollenspiel als auch ein Shooter und Taktik- beziehungsweise Strategiespiel werden soll, wird die ambitionierte Snowdrop Engine an die Grenze ihrer Leistungsfähigkeit gebracht, und ist durchaus in der Lage, sich inmitten der aktuellen Top-Engines voll und ganz zu behaupten.

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Genome Engine von Piranha Bytes (Deep Silver)

Piranha Bytes sind die Bastler aus dem Ruhrpott. Die Rollenspiele der Essener Spieleschmiede sind sicherlich nicht dafür bekannt, in der Oberliga der AAA-Titel mitzuspielen. Weder grafisch noch technisch waren die Entwicklungen zum Releasezeitpunkt State of the Art. Dennoch steckt das technische Gerüst der von den Piranhas genutzten Enginetechnologien voller Innovationen. Gleichzeitig haben diese Tools aber auch den Ruf, nur von den Essenern selbst verstanden und adäquat genutzt werden zu können. Als im Jahre 1997 Alex Brüggemann, Mike Hoge, Tom Putzki und Stefan Nyul beschlossen, für die Entwicklung von Gothic die Firma Piranha Bytes Software zu gründen, benötigten sie eine Grafik- und Programmierumgebung, die ihren speziellen Bedürfnissen entsprach. Mangels Geld für eine teure Lizenz und der Notwendigkeit für eine nahtlose Spielwelt mit hoher Weitsicht, das in der Form auf dem Markt nicht zu bekommen war, wurde das nötige Werkzeug selbst entwickelt.

Piranha_Bytes_LogoFür die ersten beiden Gothic-Teile mitsamt Addon wurde eine Engine mit dem Codenamen ZenGin verwendet, abgeleitet vom .zen-Dateiformat, was aber letztlich in seiner Zusammensetzung nur eine mehr oder weniger lose Anordnung von Spieldesigntools war. Dies änderte sich bei der Entwicklung von Gothic 3. Das Studio hatte bei diesem Mammutprojekt, das für gerade mal 20 Mitarbeiter mehr als ambitioniert erschien, hohe Ansprüche. Keine lizenzierbare Engine auf dem Markt schien dazu in der Lage. Gefordert war eine Software, die eine lebendige Spielwelt ohne Ladezonen sowie eine extrem weite Sicht ermöglicht und komplexe Licht- und Schattensysteme integrierbar macht.

Die Eigenentwicklung wurde Genome Engine getauft. Sie zeichnete sich durch einen dynamischen Tag- und Nachtwechsel, ein dynamisches Wettersystem, einen Tiefenunschärfe-Effekt, Spiegelungen beziehungsweise Reflexionen und die Unterstützung der damals noch Shader-3-Technik auf Basis von DirectX 9 aus. Die handgemachte Vegetation wurde durch Speedtree unterstützt, Emotion FX half bei den Animationen und zur Physiksimulation wurde PhysX lizenziert. Die anfangs noch gelobte Multi-CPU-Optimierung erwies sich aber als äußerst fehleranfällig und musste entfernt werden.

gothicNach dem Desaster mit Publisher Jowood und dem Verlust der Gothic-Marke kam Piranha Bytes bei Deep Silver/ Koch Media unter und entwickelte auf der Basis einer fortgeschrittenen Version der Genome Engine die vielbeachtete und preisgekrönte Risen-Serie. Seit Risen 3 verwendet das Studio einen modernen Full Deferred-Renderer mit Physical Based Shading, sowie Soft Shadows und volumetrische Nebelschatten. Ebenso ermöglicht die Spieleengine die Integration komplexer Queststrukturen und auch die Multi-CPU-Unterstützung funktioniert endlich zufriedenstellend. Dies und die Verwendung komplizierter Spielmechaniken und die Optimierung, direkt aus dem Editor heraus auf die gesamte Datenbank zugreifen zu können, erleichtert zwar die Arbeit für das Studio, macht es aber für Außenstehende aufgrund der zahlreichen Spezialisierungen beinahe unbrauchbar.

Laut eigenen Angaben möchte Piranha Bytes weniger der Konkurrenz nacheifern, als eher ihr eigenes Ding machen. Für die Zukunft erscheint DirectX 12 für das Studio interessanter als Mantle, da ein so kleines Entwicklerteam eher auf die Verbreitung einer externen Technologie setzen möchte, als eine selbst zu stemmen oder zu pushen. Die ganz eigene Herangehensweise des kleinen deutschen Studios ermöglicht es ihnen, zwischen den Großen der Branche mitzuschwimmen.

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Blick in die Zukunft – Folgen für den Endverbraucher

Der Begriff „Endverbraucher“ ist in diesem Zusammenhang bewusst gewählt, da wir uns aufgrund der aktuellen Entwicklungen im Bereich der digitalen Unterhaltung nicht mehr bloß auf uns als reine Spieler von Computerspielen beschränken können. Zu Anfang habe ich die Frage gestellt, welche Folgen die momentane Lage in der Spieleindustrie und der Developer-Szene auf uns Spieler hat und wie und in welcher Form wir davon aktuell und in Zukunft profitieren könnten. Das Zauberwort heißt Transmedia.

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Der Begriff kam verstärkt in den 90er Jahren des letzten Jahrhunderts auf, beschrieb zumeist eine multimediale Erzählweise oder Darstellungsform von Inhalten auf unterschiedlichen Plattformen. Er stand aber auch für den Mix von realen Filmszenen und digitalem Content, der über den Gebrauch von reinem CGI-Material in Filmen hinausging, Interaktion erforderte und Bezug aufeinander nahm. In der Rezeption des Zuschauers schlug er schließlich fehl und endete beinahe so unrühmlich wie der Virtual-Reality-Versuch der damaligen Zeit. Beide Technologien erleben heute eine Renaissance und haben im Grunde nicht mehr viel mit dem zu tun, was man damals darunter verstand.

VRWenn wir zunächst das erstarkte Engagement der großen Konzerne wie Microsoft, Sony, Samsung, Valve, HTC oder Facebook in Sachen VR betrachten, könnte man meinen, das wird das nächste große Ding. Natürlich, das ist auch der Plan, doch letztlich auch nur ein Baustein der großen Strategie einer Konvergenz der Medien. Der neue transmediale Versuch, am besten alle existenten Plattformen zu vereinen, sei es innerhalb eines Universums inhaltlicher Art oder durch einen narrativen roten Faden über unterschiedliche Plattformen hinweg, soll uns als Spieler, Filmfan, Leser, Musikliebhaber oder sonstiger nach Unterhaltung dürstender Enduser packen und nicht mehr loslassen. Zuhause oder unterwegs, die Hürden werden fallen. Die großen Anbieter der Spieleengines haben ihre Produkte bereits für möglichst alle Plattformen, wie PC, Mac, Linux, Xbox One, PS4 und Vita, WiiU und 3DS, Smartphones und Tablets mit iOS oder Android optimiert und erweitert. Das lässt eindeutig erkennen, dass der Fokus auf NextGen-Konsolen nicht mehr existent ist. Solche, wie wir sie bislang kannten, wird es voraussichtlich in einer nächsten Version nicht mehr geben, es sei denn man heißt Nintendo und fährt eine völlig andere Strategie.

Nach Aussagen leitender Entwickler bei Epic, Crytek, Valve, Dice oder Unity ist man bestrebt, die Grenzen zwischen Film, Fernsehen, Video und Computerspiel zu verwischen, die gleiche technologische Basis für Kinoproduktionen wie für Architekturprojekte anzubieten, TV-Dreharbeiten mit Videospielentwicklungen zu verbinden und die Interaktivität zu revolutionieren, indem man Grafik- und Programmierumgebungen in Echtzeit veränderbar macht. Erfahrbar soll das Ganze durch Instant-Rendering in Form von Augmented-Reality werden oder in Form von TV-Serien und Computerspielen, die sich beinahe in Echtzeit gegenseitig beeinflussen. Vieles davon ist sicherlich noch Zukunftsmusik und der Blick in die Glaskugel ist häufig trübe, gewisse Trends lassen sich aber schon heute feststellen.

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Der Spieler als Profiteur

Beschränken wir uns zum Schluss wieder auf die Grafik- und Spieleengine-Landschaft und beobachten, welche Veränderungen diese aktuell mit sich bringt, wenn große Anbieter ihre Produkte mehr oder weniger gratis auf dem Markt feilbieten. Dieser Umstand stellt sicherlich keine Initiative dar, ist sie doch vielmehr eine Reaktion auf stark veränderte Strukturen in der Verfügbarkeit unterschiedlicher Technologie zur Verwirklichung von Spieleprojekten. Eine Gratisversion der Unreal 4 Engine, der Source 2 oder Unity 5 Engine wird den Markt erstmal nicht total aufwirbeln, auch ist der Bereich des Open-Source-Systems, das bislang das Angebot an Gratissoftware dominiert hat, nicht wirklich gefährdet, da die Bedürfnisse und Ansprüche der Entwicklerszene, vor allem in der Indiebranche, so mannigfaltig sind, dass AAA-Optik und -Gameplay nicht für jeden automatisch attraktiv wird.

Augmented_reality_1Wir Spieler werden davon aber auf jeden Fall profitieren, da jeder der will, faktisch das Spiel machen kann, das er möchte. Es gibt kaum noch Ausreden. Die Umstände schreien regelrecht: Nimm es in die Hand! Schnapp dir eine passende Engine, entwickle ein Konzept, präsentiere der Öffentlichkeit etwas Brauchbares, meist reicht schon eine Kleinigkeit, hol dir die Finanzierung durch die Community oder überzeuge einen Geldgeber und verwirkliche deine Vision. Ab sofort ist dieser Weg noch mehr Entwicklern offen, als bisher. Die verschiedenen Angebote schaffen untereinander einen Wettbewerb, schrauben sich in ihrer Qualität weiter nach oben, siehe Unity 5, bieten durch den Hype der 8- und 16-bit-Optik vielen mittlerweile verbreiteten kleineren Engines eine Nische zum Überleben, siehe Wave, Blender, Game Maker oder RPG Maker und schaffen durch HTML5 eine ganz neue Grundlage für den Aufstieg von Frameworks wie Construct, Impact, Phaser oder PlayCanvas.

main-cloud-gaming-future-of-gamingDas Spieleangebot wird noch weiter zunehmen und stärker von User-generated-Content geprägt sein als bisher, Entwickler werden Moddern gleich, noch mehr auf die Community hören und jene Projekte verwirklichen, die wir wollen, wobei sicher auch das künstlerische Alleinstellungsmerkmal der Projekte erfolgsrelevant sein wird. Der Fortschritt in der Zugänglichkeit von Entwicklersoftware in Form von Editoren wird ebenfalls nicht aufzuhalten sein und auch Leuten ohne Vorbildung kreatives Arbeiten ermöglichen, ohne dass sie auch nur einen Blick auf den Code werfen müssen.

Moderne Technik ermöglicht die Kontrolle bisher nicht-interaktiver-Teile von Videospielen und wird die Immersion weiter verstärken, beispielsweise zu Lasten von Cutscenes, die, sollten sie kein unverzichtbares Stilmittel sein, auf kurz oder lang verschwinden werden. Technische Limitierungen, wie es sie zu Zeiten der letzten Konsolengeneration für den PC noch gab, werden aufgrund der Öffnung und Aufdröselung des Marktes mit ihren sehr unterschiedlichen Anbietern und ihren noch spezielleren Zielgruppen auf sehr unterschiedlichen Plattformen, immer unwahrscheinlicher, auch wenn große Publisher durch konservatives Marketing und mangelnde Flexibilität weiterhin auf das alte Modell der „selben Spielerfahrung“ setzen werden.

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Endgame

Es sieht nach rosigen Zeiten für uns Spieler aus. Ich möchte hier mal unter optimistischen Gesichtspunkten zusammenfassen: Kleine Entwickler kommen aufgrund der Kostenimplosion günstig an potente Software, dadurch werden Indietitel sowohl grafisch als auch technisch hochwertiger. Und es können Spieleprojekte angegangen werden, an die man sich mangels Geld und Tools nicht herangetraut hätte. Abomodelle und kürzere Upgrade-Intervalle machen Engine-Iterationen in Echtzeit veränderbar und flexibel, sodass bereits veröffentlichte Titel als Ganzes im Nachhinein noch verbessert werden können, siehe zum Beispiel Wasteland 2.

Razer-Edge-Gaming-tabletTransmediale Verbindungen auf unterschiedlicher Ebene wie Virtual Reality, Augmented Reality, Mobile Devices, Streaming und die Spezialisierungen auf ganz bestimmte Plattformen, um das Optimum herauszuholen, führen zu ganz neuen Spielerfahrungen. Grafik- und Spieldesigntools, die bislang gratis zu haben waren und eine vor Kreativität sprudelnde Open-Source-Spielengine-Szene, müssen sich von neuem beweisen, um Entwickler zu überzeugen, angesichts der veränderten Marktlage, sich für ihre Produkte zu entscheiden. Siehe OGRE (Object-Oriented Graphics Rendering Engine ) oder jMonkeyEngine.

Der Fokus auf Konsolen löst sich zugunsten breitgefächerter Plattformen wieder auf. Nicht nur mobile Geräte sind weiter im Kommen, auch der PC erlebt einen weiteren Frühling. Die Unterstützung hardwarenaher Grafikschnittstellen wie Mantle, DirectX 12 und Vulkan durch beinahe alle modernen Engines hebt die Spielgrafik auf eine ganz neue Ebene, wobei nicht nur High-End-Grafikkarten, sondern auch gerade die Mittelklasse und besonders die immer beliebteren APUs davon profitieren werden.

Open World, zerstörbare Umgebung, Fotorealismus, dynamische Narration und der Sandbox-Charakter von Spieleengines werden immer mehr zum Trend. Ausgereifte Editoren lassen sowohl Otto-Normal-User als auch Hobby-Modder kreative Spielentwicklerluft schnuppern. Der Markt wird transparenter, Lizenzverträge nachvollziehbarer, Gewinnbeteiligungen fairer, sodass sogenannte „Trade Secrets“ über kurz oder lang weniger bedeutsam werden. Entwicklungskosten sinken, die Preisgestaltung wird flexibler, Spiele werden günstiger. Der Umbruch in der Branche wird für alle Beteiligten spürbare Folgen haben. Wir können gespannt sein.

Gamerlounge

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 Labrador Nelson für N E T Z P U N K – 17.04.2015